Kann Schlafentzug eine antidepressive Wirkung Haben? Gemäß einer neuen Studie ja

von Barbara

31 Dezember 2023

Kann Schlafentzug eine antidepressive Wirkung Haben? Gemäß einer neuen Studie ja
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Schlaf ist ein wesentlicher Bestandteil unseres täglichen Lebens, sodass wir etwa ein Drittel unserer Lebenszeit mit Schlafen verbringen. Aber was passiert mit unserem Gehirn, wenn wir eine schlaflose Nacht verbringen? Laut einer aktuellen Studie der Northwestern University in den Vereinigten Staaten kann eine schlaflose Nacht Depressionen für mehrere Tage abmildern. Sehen wir uns an, warum das so ist und wie dieses etwas paradoxe Ergebnis zustande gekommen ist.

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Akuter Schlafentzug: Die Effekte auf die Depression

Akuter Schlafentzug: Die Effekte auf die Depression

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Für die Studie wurden Laborratten einem akuten Schlafentzug unterzogen. Anschließend wurden das Verhalten und die Gehirnaktivität der Tiere analysiert, was zu unerwarteten Ergebnissen führte. Während des akuten Schlafentzugs stiegen der Dopaminspiegel und die synaptische Plastizität an: Tatsächlich konfigurierte der Schlafentzug das Gehirn neu, um in den folgenden Tagen eine euphorischere Stimmung aufrechtzuerhalten. In gewisser Weise wirkte der Schlafentzug dadurch wie eine Art "natürliches" Antidepressivum.

Laut Dr. Yevgenia Kozorovitskiy, der Hauptautorin der Studie, gibt es einen Unterschied zwischen chronischem und akutem Schlafentzug. Während die schädlichen Auswirkungen des chronischen Schlafmangels allgemein bekannt sind, ist der akute Schlafentzug etwas anderes: Er tritt beispielsweise bei Studenten auf, die die Nacht vor einer Prüfung mit Lernen verbringen. Kozorovitskiy fährt fort:

Wir haben festgestellt, dass akuter Schlafentzug eine starke antidepressive Wirkung hat und das Gehirn neu konfiguriert. Das erinnert uns daran, wie sehr sich unsere täglichen Handlungen, wie etwa eine schlaflose Nacht, innerhalb weniger Stunden radikal auf das Gehirn auswirken können.

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Neuronen und Dopamin: Wie akute Schlaflosigkeit das Gehirn neu konfiguriert

Neuronen und Dopamin: Wie akute Schlaflosigkeit das Gehirn neu konfiguriert

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Während des akuten Schlafentzugs zeigten die Mäuse ein aggressiveres Verhalten, das sich auch in Hyperaktivität und Hypersexualität äußerte. Die Forscher stellten außerdem fest, dass die Aktivität der Dopamin-Neuronen während der Phase des akuten Schlafentzugs deutlich höher war. Anhand der während des Experiments durchgeführten Analysen fand das Team von Dr. Kozorovitskiy auch heraus, welche Gehirnregionen betroffen waren: präfrontaler Kortex, Nucleus accumbens und Hypothalamus. Von diesen Regionen war nur die erste direkt an den antidepressiven Wirkungen des akuten Schlafentzugs beteiligt.

Die Forscher fanden heraus, dass die Wirkung von Schlaflosigkeit auf Depressionen mehrere Tage lang anhält, bevor sie nachlässt. Dies deutet auf eine Verstärkung der synaptischen Plastizität im präfrontalen Kortex hin. Tatsächlich entwickeln die Neuronen kleine Ausstülpungen, so genannte dendritische Stacheln, die plastischer auf die Gehirnaktivität reagieren. Auch wenn die antidepressive Wirkung von akutem Schlafentzug wie eine nützliche evolutionäre Anpassung erscheinen mag, so ist sie doch nur eine vorübergehende Wirkung und keine Dauerlösung. Der Nutzen der von der Northwestern University durchgeführten Forschung kann dazu dienen, die richtigen Antidepressiva für eine bestimmte Person besser auszuwählen. Nicht dazu, die Stimmung durch Schlafentzug zu verbessern.

Chronischer Schlafentzug: die Auswirkungen auf Depressionen

Chronischer Schlafentzug: die Auswirkungen auf Depressionen

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Unser Wissen über die Wirkung von akutem Schlafentzug auf Depressionen kann uns also helfen, die Mechanismen im Gehirn besser zu verstehen und wirksamere Behandlungen zu finden. Sie dienen sicherlich nicht dazu, humorale Verbesserungen bei Schlaflosigkeit zu suchen, weil chronischer Schlafentzug verheerende Auswirkungen auf Depressionen hat.

Laut einer in der Zeitschrift Translational Psychiatry veröffentlichten Studie könnte chronischer Schlafentzug sogar ein Vorläufer der Depression sein. Kurz gesagt: Wer weniger als fünf Stunden pro Nacht schläft, könnte das Risiko, in den nächsten vier bis zwölf Jahren depressive Symptome zu entwickeln, vorwegnehmen oder erhöhen. Aber das ist noch nicht alles, denn die Studie ergab, dass diejenigen, die mehr als 9 Stunden pro Nacht schlafen, ebenfalls ein höheres Risiko haben, depressive Symptome zu entwickeln. Während im ersten Fall ein wirklich nachgewiesener Zusammenhang zwischen den beiden Ereignissen besteht, muss dieser im zweiten Fall noch eingehend untersucht werden.

Im Zweifelsfall ist es jedoch immer am besten, sich um einen ausgewogenen Schlaf zu bemühen: Die richtige Menge an Schlafstunden kann unserem Körper mehr Gutes tun, als wir denken. Kurzum: Auch wenn akuter Schlafentzug antidepressive Wirkungen haben kann, ist es am besten, die richtige Menge an Schlaf zu bekommen: nicht zuviel und nicht zu wenig.

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